Susanne Potma

Allgemein

Weinen als Erleichterung

Weinen als Erleichterung

Weinen erleichtert Weinen entlädt wie ein Sommergewitter die angestaute Spannung Kennst du das Gefühl der Erleichterung nach dem Weinen? Der Kopf ist wieder klarer, der ganze Körper entspannter. Eine Last ist abgefallen. Mich erinnert diese innere Stimmung an den Moment kurz nach einem Sommergewitter. Tränen waschen Stresshormone aus dem Körper. Weinen kann Druck abbauen und helfen, intensive Gefühle  zu verdauen. Wenn wir uns das Weinen untersagen oder vielleicht sehr früh im Leben gelernt haben, dass wir nicht weinen dürfen, fällt diese natürliche Art der Selbstregulation weg. Aber egal was der Kopf drüber denkt, in der Körperarbeit kommen die Tränen endlich ins Fließen, die noch darauf warten, geweint zu werden. Danach ist Erleichterung. Vor kurzem habe ich mit meinem eineinhalb-jährigen Neffen den Nachmittag verbracht. Beim Anblick des Pflasters an seinem Oberschenkel musste er plötzlich herzzerreißend weinen. Ich war überrascht und habe mir schnell zusammengereimt was er — ohne schon die Worte dafür zu haben — sagen wollte: „Heute habe ich eine Spritze bekommen und ich habe mich gefürchtet und dann hat es auch noch weh getan. Susanne, das war schrecklich!“ Dazu möchte ich dir zwei Fragen stellen: Kannst du weinen, wenn dir danach ist? und Wie geht es dir wenn jemand vor dir weint? Zum Thema selbst weinen kann ich einiges erzählen. Darüber wie anstrengend es ist, wenn man Schmerzen hat oder verzweifelt ist aber nicht weinen kann. Dann baut sich innerlich immer mehr Spannung oder Intensität auf aber die Erleichterung tritt nicht ein. Wie betäubt wir uns fühlen, wenn eine Emotion fast nicht oder gar nicht in dem Moment gefühlt werden kann, in dem sie entsteht. Wie traurig es ist, nur halb zu weinen und danach keine Erleichterung zu finden. Karin kam zu mir, weil sie sich „einfach nicht spürte.“ Nach zahlreichen Operationen und Phasen von Angst davor, nie wieder beruflich wieder Fuß zu fassen, kam sie zur ersten Sitzung. Ihr wurde geraten über ihren Körper wieder mehr in Balance zu finden. Ich habe bemerkt, wie Karin versucht hat ihren Schmerz und ihre Tränen ganz automatisch hinunterzuschlucken. Frage dich: Wie oft machst du das eigentlich? Deine Tränen hinunterschlucken bis vielleicht der Hals brennt oder die Augen? Meine Beobachtung dazu ist, dass Erwachsene, aber auch schon Kinder das oft machen. Karin wurde das jetzt auch klar. „Spüre im Körper wie du deine Tränen hinunterschluckst.“ Besonders im Hals, der eng wurde, und im Brustkorb, der kaum noch Atmung zugelassen hat, hat sie die Anstrengung wahrnehmen können. Im Körper war eine Blockade aufgebaut gegen den Tränenfluss. Warum halten wir unsere Tränen zurück, wenn sie doch schon am Fließen sind? „Reiß dich zusammen.“ „Das belastet die anderen.“ „Ich verstecke das immer.“ „Sie werden lachen.“ „Darüber habe ich schon genug geweint.“ Mit ähnlichen Begründungen schlucken wir die Tränen hinunter. Eigentlich bleibt keine dieser Begründungen wichtig, wenn wir uns erst eingestehen, was uns gerade wirklich bewegt. Karins Ziel war es, wieder zu fühlen. Sie wollte ihre Wut, ihre Trauer aber auch ihre Freude spüren um wieder lebendiger zu werden und Schritte zurück in ein erfülltes Leben zu machen. Hier hat sich ein erster Schritt angeboten. Die Tränen sind Karin bis zum Hals gestanden. Ich konnte sie schon in ihren Augen erahnen. Karin hat sich darauf eingelassen. Nach Jahren mit fast keinen Tränen hat sie sich jetzt dazu entschieden, mit ihrem Körper zusammen zu arbeiten. Ich habe dabei noch ein paar Anleitungen angeboten wie: Spüre wie eng du deinen Hals machst. Ja genau. Erlaube dir Platz. Erlaube, dass dein Hals wieder etwas lockerer wird und nimm einen vollen Atemzug. Und noch einen… Die Tränen sind über die Wangen gekullert und ich habe Karin dazu ermutigt immer wieder einen Atemzug zu nehmen und den ganzen Körper noch mehr loszulassen. Langsam haben sich ihre Schultern entspannt und ihr gesamter Körper. Danach war Erleichterung zu spüren. Emotional aber auch körperlich. In den weiteren Sitzungen sind immer wieder mal Wellen von Emotionen ins Rollen gekommen und damit noch mehr Tränen. Beim Weinen bekommen wir die Chance loszulassen, Emotionen zu verdauen und danach den nächsten Schritt zu machen. Und ich habe gelernt mich dabei immer mehr auf meinen Körper einzulassen. Der eigene Körper ist ein Meister darin, Emotionen zu fühlen und zu verdauen. Der Körper ist eine Ressource, die manchmal erst wieder entdeckt werden muss. Wie geht es dir, wenn jemand vor dir weint? Mein Neffe hat seine kleinen Beinchen angezogen, schaut mich an und weint. Hast du schon mal beobachtet, was sich in dir tut, wenn jemand vor dir weint? Hörst du dich sagen: „Ist schon wieder gut.“ Oder „Ist ja alles halb so schlimm.“ Um den anderen zu trösten? Drängt alles in dir das Weinen so schnell wie möglich zu beenden? Oder vielleicht geht es dir wie mir mit meinem Neffen und du bemerkst den starken Impuls dem anderen den Schmerz abnehmen zu wollen. Ich weiß nicht mehr wie viele hunderte Male ich Klienten in einer Sitzung weinen erlebt habe. Und da kann ich sehr präsent sein und diese Menschen dabei unterstützen, ihre Tränen zu erlauben. Aber mit meinem kleinen Neffen, da konnte ich ganz klar erkennen wie ein Programm in mir ansprang: ALLES TUN UM DAS WEINEN JETZT ZU BEENDEN! Dabei war mir doch gleichzeitig so klar, dass er gerade etwas verarbeitet – etwas verdaut. Vielleicht einen Rest von Angst und Schmerz aus dem Moment beim Arzt. Ich habe es geschafft ihn nicht abzulenken oder vorschnell zu beruhigen. Ich habe meinem Impuls nicht nachgegeben, ihn dazu zu bringen jetzt mit dem Weinen aufzuhören. Statt in diesen natürlichen Vorgang einzugreifen, war ich für ihn da. Ich habe ihm zugehört. Ich habe Worte gefunden für seine Empfindungen. Ich habe ihn gehalten. Ich habe seinen Schmerz und seine Angst auch wahrgenommen. Wir waren miteinander. Danach waren wir beide etwas aufgewühlt – schließlich ging es um intensive Emotionen – aber auch Erleichterung war jetzt da. Ich war froh, dass er das so loswerden konnte. Und, wie es bei Kindern so oft der Fall ist, war er kurz darauf wieder ins Spielen vertieft und hat später mit viel Appetit seine Banane gegessen. Gefühle verdauen macht

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experience your fear as power

Angst als Kraft erleben

“Mir wird ganz anders. Ich schwitze. Ich kann nicht mehr atmen. Ich fühle mich in Not. Ich kann nicht mehr klar denken. Das ist mir zu viel. Es ist ein schrecklicher Zustand.” Im aller ersten Moment erlebe ich Angst meist so oder ähnlich. Als körperlich unangenehmen Zustand, den ich so schnell wie möglich loswerden will. Dann erinnere ich mich: “Atme, Susanne.” “Atme ganz runter und lass die Rippen wieder in Bewegung kommen.” “Spüre den Körper.” “Der Körper weiß, wie er am besten mit Angst umgehen kann.” Kurz bin ich noch im Widerstand und versuche krampfhaft “den Kopf über Wasser zu halten.” Da habe ich ANGST vor der Angst. Dann atme ich das erste Mal auf. Ich lasse meine Schultern los, entspanne meinen Kiefermuskel ein Stück, lass meinen Blick weicher werden und meinen Oberbauch auch. Alles was möglich ist. Und jetzt spüre ich das innere Beben der Angst in mir. Manchmal wird mir ganz heiß. Manchmal wird mir auch kalt und mein Körper fühlt sich innerlich zittrig an. Manchmal erlaube ich mir zu zittern. Das Lockern der Muskeln erleichtert den inneren Druck. Ab jetzt wird diese ganze Angstsache angenehmer. Ich fühle mich wieder mehr bei mir und gesammelter. Es ist als ob ich vorher beim Angsthaben immer einen Druckkochtopf aus meinem Körper gemacht hätte – sehr unangenehm. Und wenn ich meinen Körper entspanne, kann all diese Angst, die in mir geweckt ist, sich verteilen. Ich werde klarer. Ich werde ruhiger im Kopf – auch wenn mein Körper noch voll Energie ist. Ich fühle mich fähiger mit der Situation umzugehen und lebendiger. “Deine Angst ist auf deiner Seite und arbeitet für dich.” Diese Idee aus der Grinberg Arbeit machte mich neugierig. Stimmt es, dass Angst nützlich für mich sein kann? Ist es möglich, dass Angst von meinem eigenen Körper gemacht wird um mich am Leben zu halten? Kann es sein, dass mich diese Kraft wirklich klar, effizient und sogar kreativer machen kann? Ist es wirklich so, dass Angst für mich arbeitet? Wie kann ich meine Angst so erleben? Durch die Körperarbeit habe ich mich also auf dieses kleine Abenteuer in mir eingelassen. Mein Interesse an einem anderen Umgang mit Angst war geweckt. Jetzt musste ich umlernen: statt den Atem anzuhalten und flach zu hecheln: ATMEN. Atmen und meinem Körper die Chance geben mit der Angstwelle umzugehen. Denn Angst wird nicht im Kopf gelöst. Wenn Angst im Körper gespürt wird, kann sie ihre wahre Kraft entfalten. Und zwar ohne diesem inneren Druck und der panischen, lähmenden oder verkrampften Reaktion. Ich lernte mich vom Fluss der Angst in mir tragen zu lassen. Ich habe gelernt, meine „Angst vor der Angst“ zu stoppen. Während meinem Lernprozess habe ich verstanden, dass das Unwohlsein, das ich vorher Angst nannte, gar noch nicht die Angst selbst war. Es war meine Reaktion auf meine Angst. Meine „Angst vor meiner Angst.“ Wo spannt sich mein Körper an? Wo wird er eng? Ich habe gelernt, beim Angsthaben gleichzeitig im Körper loszulassen. “Ja ha-ha! Das ist genau das Gegenteil von dem, was jede Phaser in meinem Körper im “Druckkochtopf-Modus” macht.“ Jedes Mal, wenn ich mich dazu überwinde zu atmen und loszulassen, bekomme ich die Bestätigung: Es geht mir einfach besser, wenn ich mich in meine Angst hinein entspanne. Dann bin ich nicht mehr gelähmt von dieser Angst sondern erlebe die Kraft, die in meinem Körper in Bewegung kommt. Ich fühle mich fähig. Heute will ich meinen anderen Blickwinkel auf die Angst mit dir teilen. Vor kurzem habe ich als Praktikerin am Pilot-Workshop “Fear as Power” von Avi Grinberg mit drei meiner Klienten teilgenommen. Über 120 Menschen europaweit waren wir, die gleichzeitig die Vorträge und angeleiteten Sitzungen mitgemacht haben. Und jede*r erlebte, auf seine/ihre ganz individuelle Art, was Angst eigentlich für uns sein kann. Neue Möglichkeiten eröffnen sich, wenn wir uns körperlich auf unsere Angst einlassen. In den Einzel-Sitzungen ist Angst in ihren tausend Variationen auch immer wieder anwesend und Menschen sind überrascht davon, was die eigene Angst alles für sie tun kann. Bist du jetzt auch neugierig geworden? Dann beginne darüber nachzudenken, welche Meinung du über deine Angst hast und wie du normalerweise körperlich auf deine Angst reagierst. Unter den passenden Voraussetzungen ist dein Körper ein Spezialist im Umgang mit der Angst. Wir können auf recht einfache Weise lernen, wieder Kraft aus unserer Angst zu schöpfen.

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